Fotografieren einer vollständig bekleideten Frau im Vorraum einer öffentlichen Damentoilette ist nicht strafbar

An einem Nachmittag im Januar 2022 begab sich ein Mann in dem Vorraum einer Damentoilette eines Einkaufzentrums in Böblingen und fotografierte dort ein 15-jähriges Mädchen mit seinem Handy. Das Mädchen wusch zu dem Zeitpunkt gerade ihre Hände und war vollständig bekleidet. Die Staatsanwaltschaft beantragte aufgrund des Vorfalls den Erlass eines Strafbefehls. Es sah in dem Vorfall eine Strafbarkeit nach § 201 a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Das Amtsgericht Böblingen lehnte den Antrag der Staatsanwaltschaft ab. Dagegen richtete sich deren sofortige Beschwerde.

Das Landgericht Stuttgart bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Eine Strafbarkeit nach § 201 a Abs. 1 Nr. 1 StGB sei nicht gegeben. Es fehle an der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der Geschädigten. Die Fotografie einer vollständig bekleideten Person sei nicht als Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der abgebildeten Person anzusehen. Der Gesetzgeber habe in erster Linie den Schutz einer zumindest teilweise entkleideten Person im Blick. Die Geschädigte war hier aber vollständig einschließlich geschlossenen Anorak bekleidet und trug eine Mund-Nasen-Bedeckung.

Die Tat sei auch nicht nach § 33 KUG strafbar, so das Landgericht. Es fehle insofern an ein „Verbreiten“ oder „öffentlich zur Schau stellen“ des Fotos. (Anm. der Redaktion: Ob § 33 KUG im Hinblick auf die DSGVO noch aufrechtzuerhalten ist, müsste der EuGH entscheiden; denn § 33 KUG bezieht sich auf §§ 23, 23 KUG, die so nicht DSGVO-konform sind)

Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 13.02.2023
– 5 Qs 8/23 –

Stephanie Iraschko-Luscher

27.03.2023

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